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Bopanna/Qureshi – Das ungewöhnliche "Friedensdoppel"

‘Indo-Pak Express’ – Rohan Bopanna (IND) and Aisam-UI-Haq Qureshi (PAK)

‘Indo-Pak Express’ – Rohan Bopanna (IND) and Aisam-UI-Haq Qureshi (PAK)

Das ungewöhnliche „Friedensdoppel“ bei den GERRY WEBER OPEN am Start – Aisam Qureshi (Pakistan) und Rohan Bopanna (Indien) überwinden als Sportler die Grenzen – „Die Resonanz auf unsere Tennispartnerschaft ist riesig“ – In HalleWestfalen schon ins Halbfinale vorgerückt.

Als Aisam Qureshi und Rohan Bopanna letztes Jahr bei den US Open einmal auf einem abgelegenen Außenplatz eine harte Trainingseinheit beendet hatten, kam plötzlich ein Vietnam-Veteran auf das Duo zu. Der alte Mann hatte eine lange Reise hinter sich, er war von Washington mit dem Auto bis ins National Tennis Center in Flushing Meadow gefahren. Warum, verriet ihnen der Amerikaner dann mit kurzen Worten: „Ich wollte Euch beide spielen sehen. Und gratulieren zu Eurer wunderbaren Partnerschaft.“ Es sei ein Moment gewesen, so Qureshi, „in dem wir beide unsere Tränen nicht zurückhalten können“: „Unsere Mission kriegt eine ganz neue Dynamik.“

Der Pakistani Al Qureshi und der Inder Bopanna, in diesem Jahr erstmals bei den GERRY WEBER OPEN am Start und als Nummer eins der Setzliste gleich ins Halbfinale vorgerückt, stehen nicht mehr einfach nur für das ungewöhnlichste und unwahrscheinlichste Tennisdoppel im Tourbetrieb. Die Allianz zweier Spieler aus verfeindeten, waffenstarrend hochgerüsteten Nachbarnationen hat auch sportlich einen neuen Level erreicht – um es milde auszudrücken. Nach dem „emotionalen Höhepunkt 2011“ (Bopanna), nämlich dem Einzug ins US Open-Doppelfinale, spielten die Partner über Wochen und Monate so stabil und so gut, dass sie inzwischen längst als Dauergäste der Top Ten-Weltrangliste grüßen. Gegenwärtig stehen sie auf Platz sechs, das ist ein Allzeit-Hoch für den „IndopakExpress“.

„Wir können unsere Botschaft am besten verbreiten, wenn wir erfolgreich sind. Das macht uns noch stärker“, sagt Bopanna, genauso wie sein Mitstreiter 31 Jahre alt und ein routinierter Globetrotter im Tourbetrieb. Gegen alle Vorurteile und Konventionen hatten sich die beiden vor der Saison 2010 zusammengefunden, ohne sich dabei groß um die angespannte politische Großwetterlage zu scheren – gemeinsam ließ sich das Tourleben viel besser ertragen. Bald wurden aus pragmatischen Partnern dicke Kumpels.

Als im letzten Sommer in Deutschland die ersten Zeitungsberichte über die beiden unaufgeregten, keinesfalls aufdringlichen Tennis-Missionare erschienen, war die Resonanz sofort ungewöhnlich intensiv. „Über die Spielergewerkschaft bekamen wir Hunderte aufmunternder Mails zugleitet. Immer mit dem Tenor: Was ihr da macht, ist einmalig“, sagt Qureshi, so etwas wie der Pressesprecher des Doppels, ein Mann, über den Journalisten aus seinem Heimatland sagen, er werde nach dem Tennis sicher eine Diplomatenkarriere ansteuern. Bei nahezu jedem Turnierauftritt bekommen die beiden stillen Helden eine Menge Zuspruch, in London breiteten sie einmal ein Banner mit dem Schriftzug „Stop War, start Tennis“ aus: „Und das Schönste ist: Wenn wir auf einem Platz spielen, werden wir gemeinsam von Indern und Pakistani angefeuert. Niemand kann noch sagen, welcher Fan aus welchem Land kommt“, sagt Bopanna.

Bei den US Open 2010 erhielt der indo-pakistanische „Tennis-Express“ sogar die höheren politischen Weihen – da saßen nämlich der indische und der pakistanische UN-Botschafter einträchtig nebeneinander auf der Tribüne und bejubelten den ebenso überraschenden wie überragenden Endspieleinzug der seinerzeit an Nummer 16 gesetzten Profis. Es könnte auch ein Fingerzeig gewesen sein, dass das lange für utopisch gehaltene Projekt eines Matchs am einzigen Grenzübergang der Länder doch Realität wird.

Wenn es nach den beiden 31-jährigen Stars geht, wird nämlich baldmöglichst einmal an der Kontrollstelle Wagah ein Netz aufgespannt. Dann soll eine Trainingseinheit mit Kindern aus beiden Ländern stattfinden, wobei Qureshi, der Pakistani, auf indischem Boden stehen soll. Und Bopanna, der Inder, auf pakistanischem Terrain. „Es war einmal ein Traum, eine Vorstellung, an die wir selbst nicht ganz glaubten. Nun kann es wirklich wahr werden“, sagt Bopanna. Inzwischen gibt es Gerüchte, dass sich sogar die UNO in das heikle, komplizierte Vorhaben eingeschaltet habe – auf die Idee gebracht durch die Medienaufmerksamkeit für das „Friedensdoppel“, das von sich sagt: Wir wollen Grenzen und Gräben überwinden und Mauern im Kopf einreißen.“ Populär sind sie längst geworden in ihren Ländern, heraus aus dem Schatten der Cricketstars: „Und wenn wir nur drei, vier Prozent der Menschen überzeugen können, wie normal man als Inder und Pakistani zusammenleben kann, haben wir schon viel erreicht.“

Text: Gerry Weber Open
Foto: Chris Punnakkattu Daniel